Christiane Lüdemann
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Sterbeamme nach Claudia Cardinal






An der Stelle, wo es gebrochen ist,
kann unser Herz stark werden!
JACK KORNFIELD

Die Arbeit der Sterbeamme richtet sich sowohl an Sterbende, Trauernde und Menschen in Lebensumbrüchen und Krisen als auch an die Menschen, bei denen die Angst und Panik angeklopft hat und die sich mit den Fragen um Tod und Abschied auseinandersetzen wollen.

So wie die Hebamme vor, während und nach der Geburt die Mutter und das Kind versorgt und das Neugeborene in eine neue unbekannte Welt begleitet, unterstützt die Sterbeamme Sterbende und ihre Angehörigen in der Vorbereitung auf den Abschied, das Sterben als ein Aufbruch in eine neue unbekannte Dimension und die Hinterbliebenen in der Zeit der Trauer.

Obwohl mit unserer Geburt der Tod unwiderruflich wird, und ein gesunder, vertrauensvoller, weiser Umgang damit Teil unserer Erziehung sein sollte, wird der Tod in unserer Gesellschaft oftmals ausgeklammert. Er hat seinen Platz weit entfernt von uns, hat vermeintlich nichts mit uns zu tun, wird im Fernsehen betrachtet, im Krimi gelesen oder geschieht beim Nachbarn. Und wenn wir dann doch, durch eine lebensbedrohliche Diagnose oder einen nahenden Abschied, damit in Berührung kommen, überkommen uns Angst, Ohnmacht sowie Sprachlosigkeit und machen uns handlungsunfähig.

Leben hat viel mit Mut, Hoffnungen, Entscheidungen und Perspektiven zu tun. Ob die Zukunft den Abschied vom Leben bedeutet oder ein Weiterleben, ist offen.
Ein Abschied, wie auch ein Weiterleben birgt allerdings ungeahnte Hürden in sich, bis Frieden und Einverständnis entstehen können.

Die Aufgabe der Sterbeamme ist es, Menschen so zu begleiten, dass für alle Beteiligten ein größtmöglicher Frieden möglich ist.
Sterbeammen helfen Hoffnungen angesichts einer ungewissen Zukunft freizulegen. Es geht darum, das Leben und die Zukunft, wieder selbst in die Hand zu nehmen – Gestalter zu werden. Eine Sterbeamme ist ebenso auch Krisenamme, Lebensamme und Lebensbegleiter, denn ihre Aufgabe ist es, Kranke und Trauernde – in aller Wahrung ihrer Freiheit – in ein neues Leben zu locken. Sie verfügt über einen gut gefüllten „Werkzeugkoffer“ mit Ideen, Geschichten, Texten und Musik, damit auf diesem schweren Weg Handlungsfähigkeit statt Ohnmacht möglich ist und um das Denken – manchmal auch auf humorvolle Art – auf den Kopf zu stellen.

Eine Sterbeamme arbeitet überkonfessionell, ist vertraut mit allen Glaubenswelten und achtet diese. Sie arbeitet lösungsorientiert und weiß, dass ihr Gegenüber der Experte ist.
Abschiednehmen ist ein individueller Prozess, der viele Fragen aufwirft. Die Sterbeamme ist bereit, sich diesen Fragen zu stellen. Sie sieht sich als Trainerin, die ihrem Gegenüber sowohl das Leben als auch das Sterben zutraut. Abschied kann gestaltet, kann zu einer sinnerfüllten Phase werden, kann Freude auf das Unbekannte wecken und ein Neubeginn sein.